Fünf Jahre, ein Leben lang

Tankstellen

Constanze und Alfonso Viani wollten nur fünf Jahre lang eine Tankstelle führen. Aber einmal vom Tankstellenvirus infiziert, heißt es inzwischen: 45 Jahre Tanken bei Viani!

In Bad Marienberg kennt so ziemlich Jeder, der mit dem Auto unterwegs ist die Vianis. Und viele Menschen kennen die sympathischen Tankstellenpächter vermutlich sogar, obwohl sie gar keinen Führerschein haben. „Es gibt nichts Schöneres als eine Tankstelle zu führen“, erklärt Constanze Viani aus tiefster Überzeugung.

Dabei wollte die gelernte Einzelhandelskauffrau eigentlich nach ihrer Ausbildung schöne Dinge in einer Boutique verkaufen. „Wischblätter und Zündkerzen an Frau oder Mann zu bringen, machte mir irgendwann genauso viel Spaß“, lacht Constanze Viani.

Aber zurück auf Anfang. Die Vianis Anfang der 1970er Jahre, das sind Constanze und Alfonso und zwei kleine Kinder. Alfonso Viani arbeitete als KfZ-Mechaniker in einer großen Werkstatt. Heimlich träumte er von einer eigenen kleinen Werkstatt. Denn Schrauben machte dem gebürtigen Italiener Spaß. „1973 fragte uns ein Bekannter, ob wir nicht seine Shell-Tankstelle und die dazugehörige Werkstatt als Pächter übernehmen wollten“, berichtet Alfonso Viani. „Ich habe dann zu meiner Frau gesagt: ‚Constanze, fünf Jahre machen wir das‘“. Dann wären die Kinder älter und die eigene Werkstatt immer noch machbar. So war der Plan.

Constanze Viani willigte ein. Die Vianis hatten also nun eine Tankstelle. Und ihr Leben stand vor einen rasanten Kurswechsel, von dem sie zu diesem Zeitpunkt aber noch gar nichts ahnten. Ihr Mann reparierte die meiste Zeit die kaputten Autos der Kunden. Constanze Viani kümmerte in erster Linie um ihre Kinder, war aber auch immer mehr an der Tankstelle präsent. Sie betankte die Autos, besorgte Ersatzteile aus dem Warenlager, kassierte, und trug die Verantwortung für den kleinen Shop. Zwischendurch zauberte sie ein leckeres Mittagessen auf den Tisch. „Ich hatte mir eine kleine Küche im Hinterraum der Tankstelle eingerichtet“, berichtet Constanze Viani über die arbeitsreiche Zeit.

1976 wird die Tankstelle der Vianis als erste in Bad Marienberg zu einer Selbstbedienungstankstelle umgerüstet. Sowas musste gefeiert werden. Und Shell ließ sich nicht lumpen und brachte tatsächlich Fußball-Weltmeister Fritz Walter samt Rennwagen an die Viani-Tankstelle. „Wir hatten viel zu bereden, der Fritz Walter und ich. Der war nämlich mit einer Italienerin verheiratet“, lacht Alfonso Viani.

Jeden Tag steckten sie all ihre Energie in diese Tankstelle. Darüber vergaßen sie die fünf Jahre und die eigene Werkstatt und die schönen Dinge in der Boutique. Ohne Tankstelle wollten sie einfach nicht mehr sein.

Doch ihr ganzer Lebensinhalt drohte Ende der 1990er Jahre urplötzlich wegzubrechen. Denn ihre Shell-Tankstelle erfüllte nicht mehr die notwendigen Umweltauflagen. Ein Umbau hätte sich für Shell nicht rentiert. Kündigung. Keine Tankstelle mehr für Vianis?

„Ein Kunde der Bellersheim-Tankstelle in Bad Marienberg, der hatte uns bei Bellersheim empfohlen“, berichtet Constanze Viani von der unverhofften Schützenhilfe. Was für ein Glück. Der damalige Chef, Horst Bellersheim, wollte die Vianis unbedingt kennenlernen. Also fuhr er mit seinem engsten Mitarbeiter nach Bad Marienberg und stattete den Vianis einen Hausbesuch ab. „Das hätten wir nicht gedacht, dass der Herr Bellersheim zu uns nach Hause kommt“, berichtet Alfonso Viani mit höchstem Respekt von der ersten Begegnung. „Wir haben sofort gespürt, das sind ganz anständige Menschen nach dem Motto: Leben und leben lassen. Mit den Bellersheim-Leuten können wir auf Augenhöhe sprechen. Das galt damals und heute genauso.“

Die Bellersheim-Tankstelle bot noch viel mehr Chancen, neu umgebaut, modern und mit einer viel größeren Shopfläche. Und: „Vorher bei der Shell hatten wir regelmäßig einen neuen Bezirksleiter. Mit Bellersheim bekamen wir einen verlässlichen Partner, der uns Tag und Nacht unterstützt“, lobt Constanze Viani die inzwischen fast 20-jährige Geschäftsbeziehung.

Nur eine Werkstatt gab nicht. „Der Horst Bellersheim wollte mir eine Werkstatt bauen“, berichtet Alfonso Viani. Seine Frau sagte damals aber ‚Nein‘, weil „ich nicht wollte, dass Alfonso mit dann bereits über 50 Jahren nochmal zehn Jahre unter den Autos liegt.“

Und es lief ja dank der Unterstützung von Bellersheim auch so. Denn die Kunden standen Schlange. Die Viani-Tankstelle war inzwischen die einzig verbliebene von ehemals sieben in Bad Marienberg. „Wir haben containerweise Sekt verkauft und immer noch mehr Produkte reingeholt, weil die Leute uns den Laden leer kauften“, schwärmt Constanze Viani über die Anfänge unter dem Dach von Bellersheim. Jetzt zahlte sich aus, was sich die Vianis über die Jahre erworben und zum Teil hart erarbeitet hatten – ihr guter Ruf und die Anerkennung bei den Menschen in und um Bad Marienberg.

Davon profitiert heute ihre Tochter Concetta. Sie wuchs mit den Jahren mehr und mehr in das Geschäft hinein. Mittlerweile leitet Concetta Viani die Tankstelle seit 15 Jahren erfolgreich und mit viel Engagement. „Klar war es dennoch nicht, dass ich hier in die Tankstelle einsteige. Aber es hat sich einfach so ergeben“, sagt die Tochter. Verlangt hätten es ihre Eltern jedenfalls nie.

Constanze und Alfonso Viani geniessen inzwischen die schönen Seiten des Lebens, schauen aber immer noch regelmäßig an der Station vorbei. Ein Leben ganz ohne Tankstelle geht eben nicht bei den Vianis.